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Der Orientierungshelfer

Prof. Dr. Adalbert Wilhelm
 
04. August 2016
 
An der Jacobs University gehört er zu den Professoren der ersten Stunde. Mit seinem Wissen will Adalbert Wilhelm nun Schulabgängern helfen, die auf der Suche nach geeigneten Schwerpunkten für ihr Studium sind. Seit Kurzem fungiert der 53-Jährige als akademischer Koordinator des Foundation Year Program – ein Orientierungsjahr, mit dem die Jacobs University jungen Menschen dabei unterstützen möchte, ihren eigenen Weg zu finden. 
 
Was kann ich? Was liegt mir? In welche Richtung möchte ich mich gern weiterentwickeln? Dass solche Fragen nicht immer leicht zu beantworten sind, weiß Adalbert Wilhelm aus eigener Erfahrung. „Ich erinnere mich noch gut daran, wie schwer es mir fiel, die Fächer auszuwählen, in denen ich mich im Abi prüfen lassen wollte“, erinnert er sich. Er legte den Schwerpunkt schließlich auf Mathematik und Naturwissenschaften. „Da fühlte ich mich am sichersten. Aber ich hatte auch immer ein großes Interesse an fremden Sprachen, Internationalität, anderen Ländern.“ 
 
Heute kann Adalbert Wilhelm beides miteinander verbinden. Der Professor für Statistik mag das internationale Flair der Jacobs University, an der er seit 15 Jahren forscht und lehrt. Er selbst überlegte Chemie oder Französisch zu studieren, entschied sich dann aber für den damals innovativen Studiengang Wirtschaftsmathematik, der Mathematik mit Wirtschaftswissenschaften und Informatik verband. „Diese Kombination war damals noch nicht so weit verbreitet wie heute. Mitte der 80er-Jahre hielt die Computertechnik schließlich gerade erst Einzug in viele Büros.“ 
 
Auch sonst hat sich seit seiner eigenen Studienzeit in den 80er-Jahren vieles an deutschen Universitäten verändert. Nicht zuletzt auch deshalb, weil junge Männer keinen Wehr- oder Zivildienst mehr leisten müssen und viele Schüler ihr Abitur nicht mehr nach 13, sondern bereits nach 12 Jahren in der Tasche haben. Die Konsequenz: Das Durchschnittsalter der Studienanfänger ist deutlich gesunken. Zugleich hat die Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge das Studientempo deutlich erhöht. „Das Studium so jung wie möglich zu beenden ist aber kein Selbstzweck“, sagt Wilhelm. „Schließlich braucht man auch eine Vorstellung davon, was man mit dem Studium eigentlich anfangen möchte.“  
 
Für junge Menschen sei es oft nicht leicht, sich ein Bild davon zu machen, wie der Arbeitsalltag in vielen akademisch geprägten Berufen aussieht. „Gleichzeitig stehen ihnen aber viel mehr Wahlmöglichkeiten offen als früheren Generationen von Schulabgängern“, sagt Wilhelm. „Zum einen dank offener Grenzen in Europa. Zum anderen, weil durch die Digitalisierung ganz neue Berufsfelder und Informationsmöglichkeiten mit sich bringt.“ 
 
In einer Befragung des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung gaben 43 Prozent der Abiturienten des Jahrgangs 2012 an, dass ihnen die „schwer überschaubare Zahl der Möglichkeiten“ Probleme bereite. Etwa ein Drittel der Befragten zeigte sich unklar über die eigenen Interessen.
 
Wilhelm wirbt dafür, solche Orientierungsschwierigkeiten nach der Schulzeit nicht als Schwäche zu begreifen, sondern als Chance. „Oft sind es ja gerade die vielseitig begabten und interessierten Schulabgänger, denen es besonders schwer fällt, sich für eine bestimmte Studien- oder Berufsrichtung zu entscheiden. Denn je besser der Notendurchschnitt, desto größer ist die Auswahl an Studienmöglichkeiten. Eine Entscheidung für ein Studienfach heißt dann gleichzeitig sich gegen vieles andere zu entscheiden “ 
 
Im Foundation Year Program können sich junge Menschen ein Jahr lang erproben, bevor sie sich für ein Studium entscheiden. Die Inhalte des zweisemestrigen Programms bestehen aus verpflichtenden Einführungskursen, in denen die Studierenden einen Einblick in verschiedene Fächer gewinnen und mit Methoden des akademischen Arbeitens vertraut gemacht werden. Nach intensiver persönlicher Beratung belegen die Teilnehmer Kurse in selbst gewählten Schwerpunktfächern aus den Natur-, Wirtschafts- oder Sozialwissenschaften. Auf diese Weise lernen sie verschiedene Studienprogramme kennen und vertiefen ihre Kenntnisse. 
 
Als akademischer Koordinator des Programms sorgt Adalbert Wilhelm dafür, dass die Teilnehmer des Orientierungsjahres die individuelle Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Die Gründe, weshalb jemand sich für die Teilnahme am  Foundation Year Program entscheidet, seien sehr unterschiedlich, weiß er: „Manche wollen in erster Linie ein Gefühl dafür gewinnen, was sich hinter bestimmten Fächern verbirgt und welche Erwartungen dort an sie gestellt werden. Andere wollen vor allem sicherer im Umgang mit der englischen Sprache werden, bevor sie ein englischsprachiges Studium beginnen. Viele kommen auch mit einer ganz klaren Vorstellung zu uns, die wir dann auch ganz konkret fördern können – Foundation Year ist Orientierung aber auch gezielte Förderung.“ 
 
Wer sich mit Adalbert Wilhelm über seine neue Aufgabe unterhält, merkt schnell: Die Entscheidungsschwierigkeiten von Schulabgängern zu verstehen, fällt ihm nicht schwer. Zum einen weil er sie im Umfeld  seiner beiden mittlerweile erwachsenen Kinder miterlebt hat. Zum anderen, weil er sie von sich selbst kennt. Dabei sieht sein eigener Lebenslauf sehr gradlinig aus: Abitur, Studium, Diplom, Promotion und Habilitation gefolgt von Lehrtätigkeiten in Augsburg, Fairfax / Virginia und nun Bremen. Doch Adalbert Wilhelm relativiert diesen Eindruck. „Im Lebenslauf sieht rückwirkend vieles ganz klar und entschlossen aus“, sagt er mit einem Lächeln. „Dort stehen ja auch nur die beruflichen Stationen und nicht die Unsicherheiten, die einen auf dem eigenen Weg begleitet haben.“
 
Weitere Informationen unter:
 
Fragen beantwortet: 
Prof. Dr. Adalbert F.X. Wilhelm | Professor für Statistik 
a.wilhelm [at] jacobs-university.de | Tel: +49 421 200-3402