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Sonia Lippke: Ausgezeichnete psychologische Anwendungsforschung

Dr. Sonia Lippke, Professorin für Gesundheitspsychologie und Verhaltensmedizin an der Jacobs University (Quelle: Lutz Mahnhardt/Jacobs University)

 

3. August 2022
 
Der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt und die interdisziplinäre Zusammenarbeit sind ihr wichtig: Dr. Sonia Lippke, Professorin für Gesundheitspsychologie und Verhaltensmedizin an der Jacobs University, wurde nun mit dem „Distinguished Scientific Contributions Award“ der „International Association of Applied Psychology“ (IAAP) ausgezeichnet. Gleichzeitig wurde sie zum Mitglied der Neunten Altersberichtskommission der Bundesregierung ernannt.

„Mich freut besonders, dass ich den Preis auch für meine Arbeit an einer Theorie über Verhaltensveränderungen und Gesundheitsversorgung erhalten habe, die ich vor über zehn Jahren entwickelt habe. Inzwischen wird sie in ganz unterschiedlichen Kontexten angewandt“, sagt die Wissenschaftlerin. Ihr „Compensatory Carry-Over Action Model” betrachtet den Menschen und seine unterschiedlichen Verhaltensweisen ganzheitlich und formuliert Annahmen darüber, wie diese sich zueinander verhalten. Das ermöglicht, Lebensstile besser zu verstehen und einzelne Personen bei ihrer Gesundheitsprävention und Rehabilitation nachhaltig zu unterstützen.

Das Wohlbefinden und die Gesundheit Aller im Alltag und im Beruf zu fördern sowie Betroffene zur Selbsthilfe zu animieren, liegt ihr am Herzen. Dabei spielt immer wieder auch die oft schwierige Kommunikation zwischen medizinischem Personal und Patient:innen eine Rolle. So hat die Arbeitsgruppe von Sonia Lippke zum Beispiel eine App entwickelt, mit der Gebärende, Partner:innen und geburtshilfliches Personal ihre Kommunikationskompetenzen steigern können. Die „TeamBaby App“ steht noch bis Ende 2022 kostenlos zur Verfügung.

Der Erhalt der Gesundheit war immer schon ein Thema von hoher gesellschaftlicher Relevanz, welches mit der Pandemie nur noch mehr an Bedeutung gewonnen hat – ebenso wie die Gesundheitspsychologie. Wie kann man sich selber schützen? Wie Abstand halten und trotzdem gut verbunden bleiben? Wie auch psychisch gesund bleiben? Welche Handlungs- und Bewältigungsstrategien helfen in solchen Krisensituationen? „Unsere Forschung trägt dazu bei, Herausforderungen zu bewältigen“, sagt Lippke.

Schon vor dem Ausbruch von COVID hatte sie sich mit Einsamkeit beschäftigt. Im Home-Office und Distanzunterricht litten nun noch mehr Menschen unter dem Alleinsein, fühlten sich isoliert. Vor der Pandemie traf dies auf jede:n Fünfte:n zu, in den Jahren 2020 und 2021 fühlte sich bereits jede:r Dritte einsam, ermittelten Lippke und ihr Team. Diesen Personen die soziale Teilhabe zu ermöglichen, sie zu ermuntern, aktiv zu werden, sieht sie als eine ihrer Aufgaben an. Das Abklingen der Pandemie hilft dabei und bei vielen ist der normale Alltag wieder eingezogen. „Die meisten Menschen holen sich ihr Leben zurück, wir sind als Gesellschaft resilienter geworden“, ist Lippke überzeugt.

Bleiben wird jedoch eine andere Folge der Massenerkrankung: „Long-COVID wird uns langfristig beschäftigen, auch dann noch, wenn die Pandemie überwunden ist.“ Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu zehn Prozent aller COVID-Genesenen auch nach der Infektion noch von Symptomen wie Erschöpfungszuständen, Konzentrationsstörungen, Geschmacks- und Geruchsverlust betroffen sind. Als wissenschaftlicher Partner der Dr. Becker Klinikgruppe forscht die Arbeitsgruppe von Sonia Lippke an einem Versorgungskonzept für die Erkrankten mit dem Titel „ASAP“ (Assistierter, Sofortiger, Augmentierter Post-/Long-COVID Plan). Das Ziel ist die Entwicklung eines ganzheitlichen Behandlungspfades für Erwachsene zur nachhaltigen Genesung und Minimierung der Folgen. Betroffene können die Forschung im Rahmen einer Online-Befragung unterstützen; Menschen aus Bayern können sich durch Lots:innen begleiten und in einem Klinik-Assessment genauer diagnostizieren lassen.

Nicht nur Lippkes Forschung, auch ihre Lehre hat die Pandemie verändert. „Wir haben innerhalb kurzer Zeit sehr erfolgreich auf digitalen Unterricht umgestellt“, erzählt die Professorin. Sie erlebte aber auch die Grenzen der digitalen Kommunikation. „Auch bei jungen Menschen ist Einsamkeit ein großes Thema: sie sind auf der Suche nach Freundschaften. Bei einigen sind die sozialen Kompetenzen noch nicht so ausgeprägt, für sie müssen wir Brücken bauen, Möglichkeiten schaffen, Verpasstes aufholen lassen und digitale Lösungen finden.“

Lippke unterrichtet im Studiengang Psychologie an der Jacobs University Kurse in Gesundheitspsychologie, Kommunikation und Interaktion und ab Herbst bietet sie auch einen Kurs zur Psychologie der digitalen Interventionen an. An der privaten Universität wirkt sie bereits seit dem Jahr 2011, unteranderem in der Bremen International Graduate School of Social Sciences (BIGSSS). Es ist auch hier die enge Zusammenarbeit über die Disziplinen hinweg und die Vielfalt der Studierenden aus mehr als 110 Nationen, die sie anhaltend begeistern. „Auf unserem Campus kommt die ganze Welt zusammen. Das führt natürlich auch zu Konflikten, aber wir sind in der Lage sie zu lösen und auch zu nutzen, damit alle daraus lernen!“

Die Wissenschaftlerin ist selbst in einem internationalen Umfeld sozialisiert worden. Aufgewachsen ist sie in Mexiko und Spanien, Schule und Uni besuchte sie in Deutschland. Anschließend hat sie in den Niederlanden, in China und Kanada gelehrt. Gerade im Umgang mit der Pandemie waren ihre vielfältigen Kontakte sehr wertvoll. So hatte sie im Rahmen der IAAP eng mit chinesischen Forschenden zusammengearbeitet, die als erste mit dem Virus konfrontiert waren. „Das hat mir geholfen, mich besser darauf einzustellen, was bei uns passieren könnte.“

Die Zusammenarbeit gerade auch mit chinesischen Forschenden schätzt sie und wünscht sich, dass die Kontakte erhalten bleiben. Im Juli sollte ihr der IAAP Preis in Beijing verliehen werden. Daraus wird nun nichts, die Preisverleihung wurde verschoben. Stattdessen ist sie in Deutschland unterwegs, um neuen Aufgaben nachzugehen.

Im Juli 2022 wurde Lippke zum Mitglied der Neunten Altersberichtskommission der Bundesregierung ernannt. Dies ist eine weitere Gelegenheit zur interdisziplinären Zusammenarbeit, um das Altern und die demografischen Veränderungen der Gesellschaft besser zu verstehen und die Lebensdauer in Zeiten von Krisen wie Pandemien, Klimawandel und Krieg zu verbessern. Außerdem wurde sie zum BiB-Fellow ernannt. Mit diesem Titel ehrt das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung exzellente Wissenschaftler:innen, die mit ihrer Arbeit wesentlich zur Bevölkerungsforschung beitragen.

Dieser Text ist Teil der Serie "Faces of Jacobs", in der die Jacobs University Studierende, Alumni, Professoren und Mitarbeitende vorstellt. Weitere Geschichten sind unter www.jacobs-university.de/faces/de zu finden.
 


Über die Jacobs University Bremen:
In einer internationalen Gemeinschaft studieren. Sich für verantwortungsvolle Aufgaben in einer digitalisierten und globalisierten Gesellschaft qualifizieren. Über Fächer- und Ländergrenzen hinweg lernen, forschen und lehren. Mit innovativen Lösungen und Weiterbildungsprogrammen Menschen und Märkte stärken. Für all das steht die Jacobs University Bremen. 2001 als private, englischsprachige Campus-Universität gegründet, erzielt sie immer wieder Spitzenergebnisse in nationalen und internationalen Hochschulrankings. Ihre mehr als 1.600 Studierenden stammen aus mehr als 110 Ländern, rund 80 Prozent sind für ihr Studium nach Deutschland gezogen. Forschungsprojekte der Jacobs University werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder aus dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der Europäischen Union ebenso gefördert wie von global führenden Unternehmen.

Kontakt:
Maike Lempka | Corporate Communications & Public Relations
m.lempka [at] jacobs-university.de | Tel.: +49 421 200-4504